Das Herz den Weinliebhabers schlägt höher, nur beim Klang des Namens: Hermitage. Dieser Umstand ist kein Wunder, denn eine Lage 125 ha großen Weinbergs führt den Namen „La Table du Roi“ (Der Tisch des Königs), der bereits im 17. Jahrhundert verliehen wurde, als König Ludwig XIII im Jahr 1642 die Bekanntschaft mit dem Hermitage-Wein machte. Für Generationen war dieser Wein für die königliche Tafel ausersehen. Auch die russischen Zaren und andere Adelshäuser bevorzugten diesen Wein. 1787 taucht der Hermitage in Deutschland im Weinhandel auf, natürlich beim kurpfälzischen „Hof“ in Mannheim.
Der Name Hermitage soll von einem Einsiedler herrühren, der auf dem gleichnamigen Hügel seine Klause hatte. Historische und archäologische Untersuchungen weisen nach, dass auf dem Weinberg schon im 4. Jahrhundert v. Chr. Wein angepflanzt wurde.
Der Weinberg in exponierter Lage, zu Füßen einer gewaltigen Schlinge der Rhone, ist etwa genauso steil, wie der Hügel von Condrieu, allerdings handelt es sich um eine hundertprozentige Südlage, die die maximale Sonneneinstrahlung garantiert.
Hermitage: Syrah, Marsanne und Rousanne
Das Rebsorten-Sortiment des Hermitage entspricht völlig dem der nördlichen Rhone, rot für die Syrah, weiss für Marsanne und Rousanne. Etwa ein Viertel der Weine sind Weissweine. Die französischen Weinbestimmungen sehen vor, das der Rotwein mit bis zu 15 % weißen Trauben verschnitten werden darf. Der kleinbeerigen und fast schwarzfarbigen Syrah tut das keinen Abbruch, die Verschnittweine sind ebenso farbkräftig.
Beide Qualitäten – weiss und rot – sind zu Recht seit Jahrhunderten berühmt. Die Weißweine, mit Noten von Nüssen und weißen Früchten, sollten sechs bis sieben Jahre reifen, die Rotweine können mehr als 20 Jahre reifen. Es geht der Spruch vom Hermitage um, dass „die älteste, immer die beste“ Flasche sei.
Von den roten Weinen ist bekannt, dass sie im 18. und 19. Jh. häufig als Verschnitte für die besten Bordeaux`s genutzt wurden. Während Hugh Johnson offenbar die Weinweine bevorzugt, schätzt Horst Dippel in seinem WEINLEXIKON die Rotweine am meisten: „Der rote kann noch bemerkenswerter sein und zählt dann in guten Jahren zu den wahrhaft großen Weinen Frankreichs: Tiefdunkel, sehr langlebig, kraftvoll und mit einem eindringlichen Bukett ist er der kraftvollste unter den hervorragenden französischen Rotweinen.“
Der von Johnson mit vier Sternen ausgezeichnete Wein – die Sterne haben die Bedeutung „erstklassig, anspruchsvoll, teuer“ – hat natürlich seinen Preis. Schlägt man bei google-Shopping nach, muss man zwischen 49 und 149 € pro Flasche anlegen. LIDL sei Dank, erhält man den Hermitage 2012 aber bereits für 19,99 €. Die Angaben des Etiketts zur Charakterisierung des Wein konnten nachvollzogen werden. „Feine Aromen von roten Früchten und Wildblumen“, einen runden, samtigen, milden, fast süßen Geschmack – mehr kann von solch einem blutjungen Wein auch nicht erwartet werden. Seine zarten 12,5 % Volumenalkohol merkt man diesem Hermitage in der Tat nicht an. Normalerweise ist ein Hermitage kräftiger im Alkohol.
Dieser Wein ist allerdings nicht in Hermitage bzw. Tain l´Hermitage abgefüllt worden, sondern im 140 km entfernten Cellier Saint-Jean in Saint-Jean d`Ardieres. Sicher lohnt sich die Anschaffung dieses Hermitage trotzdem. Mit Blick auf den eher niedrigen Alkoholgehalt muss man auch nicht unbedingt 20 Jahre warten, bis ein Höchstmaß an Genuss sich einstellt. Auch jüngere Jahrgänge haben etwas zu bieten.
Bildnachweis: © Hartmut May