Zu allen Zeiten und in allen Ländern wurde der Versuch unternommen, durch züchterische Bemühung zu qualitativ hochwertigeren Weinen zu gelangen. Warum nicht auch 1933 in Deutschland, wo auf dem am Institut für Rebenzüchtung am Geilweilerhof in der Nähe von Landau/Pfalz eine neue Rebsorte mit dem schönen und vielsagenden Namen „Bacchus“ das Licht der Welt erblickte. Dass die römische Variante des Namens, und damit eine Kopie gewählt wurde, hat sicher nur den Hintergrund, dass Dionysos für deutsche Zungen nicht so geläufig klingt. Außerdem weckt die ein wenig gewaltsame und unappetitliche Dionysos-Geschichte eher negative Assoziationen als der weinfröhliche Bacchus-Wein-Kult der Römer.
Bachus Wein: zwischen Euphorie und Zurückhaltung
Die Zulassung und Eintragung in die Sortenliste erfolgte für die Neuzüchtung einer Riesling und Silvaner-Kreuzung und Müller-Thurgau erst 1972. Anders als Jancis Robinson die auf den Bacchus-Wein euphorisch reagierte und ihm noch 1986 eine glänzende Zukunft attestierte, blieb DAS WEINLEXIKON eher zurückhaltend: „Die Ergebnisse sind dem Müller-Thurgau nicht unähnlich; sehr ertragreich in der Menge, doch in der Qualität nur eher durchschnittlich.“
Zieht man das „Taschenbuch der Rebsorten“ zu Rate, das von einem „traditionellen Wein“ spricht, „der gut in das deutsche Weinsortiment passt“, wird etwas klarer, welche Ziele die Züchter Peter Morio und Bernhard Husfeld sich gesetzt hatten. Es ging wesentlich darum, einen ertragsstarken und früher reifenden Weißwein zu erzeugen, der in guten Jahren auch Anklänge an den Riesling zulässt. Einen eigenständigen Weincharakter bietet der Bacchus damit weniger und stellt damit wesentlich eine Ergänzungssorte für den Müller-Thurgau dar.
Vom vielversprechenden Hype zum Verschnittwein: der Bacchus-Wein und seine Probleme
Damit wären die Hauptprobleme des Bacchus bereits umrissen: Während bei Abfassung von DAS WEINLEXIKON 1989 noch mehr als 3570 ha mit Bacchus bestockt waren, ist seine Rebfläche mittlerweile um fast die Hälfte gesunken. Dass es dem Bacchus in manchen Jahren an pikanter Säure mangelt, hat dazu geführt, dass er mehr und mehr zu einem Verschnittwein gebraucht wurde, was der Sortenpflege freilich nicht gut tut.
Trotzdem wäre es schade, wenn der Bacchus aus dem Rebensortiment in Deutschland verschwände. Manche Rieslinge und Müller-Thurgaus können je nach Jahrgang durch den Verschnitt gewinnen – und auch als eigenständiger Wein kann der Bacchus durchaus angenehm, ja vorzüglich sein.
Vielleicht haben die Züchter ähnliche Weine wie den Diedesfelder Ölgässl aus Diedesfeld/Neustadt a. d. Weinstraße, eine Trockenbeerenauslese des Jahres 2008, gemeint, als sie für die Rebe gekämpft haben. Dieser Spitzenwein bietet Aromen von Passionsfrucht und Ananas bei einer cremigen, schmelzigen Textur, und dennoch einer pikanten Säure. Hochwertige Qualitätsweine aus der Bacchus-Rebe, die sehr angenehm zu trinken sind, werden allerdings auch in Rheinhessen, der Pfalz und in Franken erzeugt. In allen Gebieten, prominent aber in Franken, werden aus der Rebsorte auch Sekte erzeugt.
Der Bacchus-Wein in Great-Britain: geschätzt und gerne getrunken
Sogar nach Großbritannien hat es der – dort unter internationaler Konkurrenz stehende und eher beliebte und angesehene – Bacchus geschafft: Tenterden in der Grafschaft Kent wird sowohl Stillwein als auch Sekt sortenrein aus Bacchus gekeltert – mit schönem Erfolg. Tom Stevenson („Sekt und Champagner“) findet den Bacchus – merkwürdigerweise – für die Sektbereitung, für die er auch Beispiele aus England nennt, als zu „aromatisch“.
Nachdem sich die Rebfläche des Bacchus auf knapp über 1700 ha reduziert hat, ist davon auszugehen, dass nunmehr eine Stabilisierung auf diesem Niveau zu erwarten ist, denn nach wie vor werden Weine und Sekte produziert, die ihre Abnehmer finden und immerhin – lassen sich in vielen Fällen durchaus Qualitätsverbesserungen durch Bacchus-Verschnitte erzielen.
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