Wie kommt der Lirac 2012 zu LIDL? Knapp 900 Einwohner zählt das Dörfchen Lirac, rund zehn Kilometer südlich von der Weinhauptstadt Orange gelegen. Mit den weiteren Flecken Saint Laurent des Arbres und Saint Genies de Comolas beträgt die bestockte Rebfläche in Lirac gerade einmal 642 ha, das ist eine sehr übersichtliche Größe. Natürlich besteht eine Weinbau-Monostruktur. Schon für das 16. Jahrhundert ist Weinexport per Schiff nach Paris und sogar in die Länder des hohen Nordens nachgewiesen. Um die Echtheit der Weine zu garantieren, ließ schon in alter Zeit der Magistrat, bevor die Weine einer dortigen Domaine auf die Reise gingen, in das Holz jeden Fasses die Buchstaben „C.D.R.“ einbrennen. Eine frühzeitige „Appellation“, denn die Buchstaben standen für „Cotes du Rhone“.
Grand Cru: in Lirac seit 1947
Schon sehr frühzeitig – 1947 – erhielt Lirac die geschützte Herkunftsbezeichnung als „Grand Cru“, und zwar für Weißwein, Rose und Rotwein. Die Rebsortenkombinationen bei den weißen Lirac weichen stark von denen der übrigen südlichen Rhone ab. Bei den roten Sorten – Grenache, Mourvedre, Syrah, Cinsault, Carignan – kennt man sich dann wieder aus. Es handelt sich bei den roten Sorten um das typische Rebensortiment, aus dem auch in mancher Domaine andere Crus der Region gewonnen werden, und es spricht für das Können und den Ehrgeiz der Winzer von Lirac, dass sie einen deutlich akzentuierten Rotwein zu den bekannten Sorten zu gewinnen verstehen. Natürlich trägt auch der kieselhaltige Boden zur Eigenart der Lirac-Weine bei.
Das nach einer recht unfreundlichen Behauptung „etwas verschlafen“ wirkende Image der Weinbaugemeinde kann nicht bestätigt werden. Der Innovationsdrang gewisser Modernisierer übersieht, dass es gesetzlich vorgeschriebene Rebsorten gibt – und andererseits eine überwiegende Anzahl von Winzern, die mit dem neuesten Equipment der Kellertechnik umzugehen verstehen. Dazu kommt, was freilich bei vielen Winzern auch der anderen Gebiete und Regionen zu beobachten ist, dass Weinfelder und Weinstöcke sich in einem hervorragenden Pflegezustand befinden.
Lirac-Weine: etwas höherer Alkoholgehalt
Natürlich sind die Liracs – wie alle Weine der Weinbauzone C1a – aufgrund der südlichen Lage in dem wärmeren Klima, sehr alkoholreich. Der etwas höhere Alkoholgehalt stellt aber an und für sich kein Problem dar – wenn man etwas weniger Wein zu sich nimmt. Davon, dass die Weine dieser Breiten etwa schwer und plump sein könnten, kann absolut keine Rede sein. Bei aller farblichen Intensität gefallen diese Weine mit ihrer Leichtigkeit und Lockerheit, auch wenn sie gelegentlich den einen oder anderen Rotweinfleck verursachen.
Lirac 2012 von LIDL
Im Falle des zuletzt probierten Lirac 2012 von LIDL (wo mir kürzlich auch ein vorzüglicher Pinot Noir Pinot Noir AOC Salgesch aus der Cave d’Uvrier in die Hände fiel), der im Prinzip aus den gleichen Rebsorten wie ein Vinsobres erzeugt wird, war augenfällig, dass ein deutlich geringerer Anteil von Syrah-Reben genutzt wurde. Eine bündige Erklärung ist ohne Befragung des verantwortlichen Abfüllers, dem Cellier der Domaine Saint Jean in Saint Jean D’Ardieres, nicht möglich. Das Dörfchen liegt in einem benachbarten Departement von Gard, und der Wein hat eine gewisse Transportstrecke zurücklegen müssen. Vermutlich ist nicht der fertige Wein zur Abfüllung gekommen, sondern der Abfüller hat die Assemblage nach seinen Vorstellungen selbst vorgenommen.
Trotzdem oder gerade deshalb ist ein erfreulicher Lirac mit dem häufigen Standardalkoholgehalt von 14 % entstanden.
- Farbe: kräftiges rubinrot mit violetten Reflexen
- Bukett: pikantes Weichselaroma, Anklänge von Garigues und eine Kakao-Note
- Geschmack: fruchtig, mit harmonischer Säure
Der Wein hat ein schönes Reifepotential und wird vermutlich in zwei Jahren deutlich zugelegt haben. Also nichts wie hin zu LIDL und einige Flaschen im heimischen Weinkeller neben dem 2013 Domaine Paul Blanck Riesling aus dem „l’Alsace“ einlagern.
Wozu passt der Lirac 2012 von LIDL?
Der getestete Wein ist nahezu unbegrenzt einsetzbar. Sowohl mit gebratenen Meeresfrüchten als auch mit Bratenfleisch gefällt er, vom mildem oder scharfen Käse – der Rettung so vieler Winzer – ganz zu schweigen.
Natürlich wurden größere, geradezu wunderbare Liracs angetroffen, aber ein Sonntagsessen sollte der Lirac aus Saint Jean D’Ardieres durchaus wert sein. Zu erstehen war er in der LIDL-Stiftung zum Preis von unglaublichen 4,99 €, sogar mit einem Naturkorken ausgestattet.
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