Einige verborgende Geheimnisse bietet Saint-Veran – die Entstehung des Namen nach der Heiligen Vera, der Felsen von Solutre – und ein offenes Geheimnis: der Wein von Saint-Veran (Name der politischen Gemeinde „Saint Verand), ein sortenreiner Chardonnay, der nahtlos an die große Burgunder-Tradition anknüpft.
Die verhältnismäßig junge Appellation, zugelassen 1971, die zu der großen Weinbauregion Macon gehört, produziert in acht Gemeinden auf 680 ha und ist mit der AOC Pouilly-Fuisse territorial eng verflochten. Zum Teil wird auch in der berühmten Beaujolais-Gemeinde Saint-Amour produziert. Die Gegend ist dem Chardonnay sehr günstig, weil durchgehend Kalkböden vorgefunden werden. Das übrige tun die „Monts du Beaujolais“ die die sonnenverwöhnten Weinberge vor kalten Winden schützen. Wie ein Wegweiser ragt der Kalk-Felsen von Solutre inmitten von Rebterrassen hervor; der prähistorische Platz – hier jagten die Steinzeitmenschen das Wild zur Aufstockung ihrer Nahrungsvorräte in eine Schlucht – ist ein einmaliges Naturdenkmal und bietet einen der vielen Anziehungspunkte des burgunder Tourismus.
Während in Frankreich und Großbritannien der Saint-Veran praktisch überall – ob im Supermarkt oder in Fachhandel – zu erhalten ist, geht es in Deutschland mit diesem Wein nicht recht voran. Allenfalls der Pouilly-Fuisse erfreut sich einigermaßen seiner Bekanntheit, obwohl er zu den teureren burgundischen Weißweinen zu rechnen ist. Der Umstand mutet etwas seltsam am, denn in der Weinliteratur genießt der Saint-Veran ein sehr positives Image. So bemerkt KRÜGERS Weinlexikon dazu: „die – jung getrunken – ausgezeichnet und köstlich sind.“ Hugh Johnson, der zwei Sterne für „überdurchschnittlich“ vergibt, weiß, dass die besten Saint-Verans „aufregend“ sind. Hubrecht Duijker findet ihn „duftig und kühl schmeckend“ und mit „mehr Charme“ und „frischer“ als den Pouilly-Fuisse. Außerdem berichtete er davon, dass er bei Wettbewerben fast immer als bester Macon-Wein gewählt wurde.
Die Produktionsmenge des Saint-Veran ist durchaus beachtlich: rund 39 000 hl werden erzeugt. Zwar darf nach den weinrechtlichen Bestimmungen der Hektar-Ertrag nicht mehr als 45 hl pro ha betragen; dass rund 57 hl in der Region geerntet werden, mag darauf zurückzuführen sein, dass auch Weine unterhalb des AOC-Levels erzeugt werden.
Saint-Veran 2013 von LIDL, abgefüllt von Jean Truffot
Der – leider nur – außerhalb Deutschlands sehr geschätzte Chardonnay-Wein aus Saint-Veran, wird jetzt auch von LIDL-Deutschland angeboten, und zwar zu einem Schnäppchen-Preis. 6,99 € verlangt LIDL für einen AOC von 2013, der als durchschnittlicher Jahrgang gilt. 0,45 € hat LIDL durch Verwendung eines Kunststoffkorkens gespart – und mit Jean Truffot ist ein Abfüller in Chablis tätig geworden, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Erzeuger gewesen ist – sonst hätte er es auf dem Etikett vermerkt.
Trotzdem wartet dieser Wein für 6,99 € mit dem erfreulichsten Chardonnay-Bukett auf und vorzüglichen Pfirsich und Birnen-Aromen mit einem Hauch Süße und einer leicht rauchigen Note. Der von Hugh Johnson ausgewiesene „führende Erzeuger“ Duboeuf bietet seinen Saint-Veran für 12,88 € an – allerdings in Frankreich, wo andere steuerliche Gegebenheiten bestehen. Ob solche absolute Tiefstpreise geeignet sind, in den Weingebieten die notwendigen Qualitätsstrukturen zu schaffen und zu erhalten? Wenn möglichst viele Weinfreunde von dem Saint-Veran kosten, hat LIDL schließlich doch etwas für die Weinkultur getan, in dem allen Probanden jedenfalls Lust und Interesse für diesen besonderen Burgunderwein geweckt wird.
Bildnachweis: © schwarzer.de