“Quo carmine dicam, Rhaetica?” fragte der große römische Landwirtschafts- und Naturdichter Vergil angesichts der purpurnen und frühreifen Trauben der Landschaften der Alpenregion, des später u.a. so genannten Trentino-Wein (Trentinos und Südtirols, Bio und auch klassisch). In diesen Bergen soll der Lieblingswein von Kaiser Augustus gewachsen sein.
Unde venis, Trentino-Wein? Bio or not to Bio?
Seither ist viel Wasser die Etsch herabgeflossen, oder war es das Tal der Adda (Veltlin/Valtellina), das der Weinkaiser meinte?) Wie überall in Europa, machte die Landwirtschaft und damit auch der Weinbau, in im Mittelalter wenig Fortschritte. Im Prinzip waren die zwölf Bücher über die Landwirtschaft von Columella (de re rustica) die bis ins 18. Jahrhundert maßgeblichen agrarwissenschaftlichen Schriften. Der Weinexperte Dr. Wilhelm Hamm, stellt nur wenige Weine heraus, von denen etwas zum Lob der Region zu sagen ist: die blumigen „Weine des Val Suaga (Suganertal), den köstlichen Goccia d’oro, den dunkelschwarzroten Lagreiner, die Weine des Sarkathales“. Mit einem Drittel der durchschnittlichen österreichischen Weinpreise erfolgt eine eindeutige Zuordnung der Beliebtheit der Weine dieser Region.
Die beschauliche Alpenregion, mit Ei, Milch, Butter, Käse, teils mit dem Attribut „Bio“ ausgestattet, im wesentlichen eine Region der Subsistenzwirtschaft mit Selbstversorgungscharakter – mit Ausnahme der Meraner Trauben, deren Ruf besonders auf ihren Speisetrauben gründete – erstreckte sich in neuerer Zeit auch auf den Wein und hatte ihren Anteil an der italienischen Weinrenaissance Ende der siebziger Jahre. Der Weinexport nahm grenzüberschreitend zu und erreichte auch Deutschland. Nicht unterschätzt werden soll dabei der Anteil des Alpentourismus, der sich zu einem Gutteil aus der ehemals deutschen Geschichte Südtirols speist.
Der Lagrein: ein typischer Trentino-Wein?
Dr. Hamm fasst den Trentino-Wein ein wenig großzügig zusammen und nennt mit Dörfern und Lagen auch eine Rebsorte, Lagrein, mit der es eine besondere Bewandtnis haben muss, denn ihr Name legt einen römischen Ursprung nahe: „bonum Lagrinum/guter Lagenwein“. Ein „Lagrein Dunkel“ aus Gries, den ich anlässlich einer Messe verkosten durfte, wies ein helles Rubinrot aus, duftete delikat mit Vanilleton (ohne Eichenfass) und tat sich durch eine schöne Säure-Tannin-und Frucht-Balance hervor. Wie Hugh Johnson neuerdings auf die Idee kommt, dem Lagrein ein Pflaumenaroma abzuschmecken, hängt vielleicht möglicherweise von zum Teil veränderten Rebsortimenten ab. Bei Weinen unter 5 € erfährt man in Südtirol noch nicht einmal die Rebsorte, wie das Beispiel eines „Kalterer See“, 2013, bei EDEKA zeigt. Farbe und Tanningehalt weisen immerhin auf die Sorte Lagrein hin. Möglicherweise ist auch ein Vernatsch mit von der Partie.
Das erweiterte Etschtal mit seinem Kalterer, Magdalener, Teroldego und Terlaner ist aber nicht die ganze Alpenwelt, sondern es geht noch höher hinauf in das Aostatal und das Veltlintal (Valtellina). Auch qualitativ befindet man sich hier auf einer höheren Position. Leider hat auch hier – wie im Trentino die Unsitte überhandgenommen, ausländische Rebsorten, besonders französische – weil man meint damit unbedingt Qualität zu spiegeln – anzubauen.
In der kleinsten DOC-Region Italiens verfolgen wir den Trentino-Wein weiter, denn hier erstrecken sich die Weinberge praktisch „bis zum Himmel“, wie man wegen der Nähe zum Mont Blanc sagt. Bis auf den Nebbiolo, der hier aber auch einen französischen Namen führt, werden durchweg französische Sorten, vor allem Gamay und Chardonnay, angebaut.
Lombardei, nicht Trentino: Wein der Sonderklasse
Leider gilt dies auch für die dritte Alpenregion entlang der Schweizer und Südtiroler Grenze, dem Valtellina. Bei Sondrio werden allerdings ganz besondere Spezialitäten gewonnen. Aus dem Nebbiolo, der hier auch Chiavennasca genannt wird, werden sortenreine Weine der Sonderklasse geerntet – die Rede ist vom „Grumello“, „Sassella“, „Valgella“ und „Inferno“. Diese hervorragenden DOCG-Weine nennt Hugh Johnson leider nicht. Aus der Region weiß Johnson nur vom „Sforzato“ (Ssfursat), der sich anscheinend zu einem Modewein entwickelt hat. Die Spitzenlagen des Valtellina werden als „Valtellina Superiore“ gekennzeichnet.
Verlassen wir das Trentino: Weine (Bio-Wein und klassischer Wein) aus der Lombardei
Vor einigen Jahren, in Gefolge einer Änderung des italienischen Weingesetzes mit der Zulassung neuer Rebsorten in der Region Lombardei, gab es den Sforzato noch als „blanc de noirs“ aus der Nebbiolo Rebe, neben der weiteren Spezialität „Ghibellino“. Der Ghibellino ist allerdings ein Weißwein geworden, der aus der Sauvignon Blanc-Rebe gewonnen wird. Der Sforzato ist fraglos auch als Rotwein immer ein Genuss, was wahrscheinlich mit der Eigenart der Nebbiolo-Traube zusammenhängt, die in der Alpenregion so hervorragende Ergebnisse zeitigt.
Lombardei- und Trentino-Wein in deutschen Weinregalen: eine echte Seltenheit, leider!
Jeder Trentino-Wein ist universell einsetzbar – leider muss man sich in Deutschland an einen Spezialversand wenden, wenn man diesen oder einen Valtellina aus der Lombardei genießen möchte, außer der örtliche „Italiener“ bietet zufällig einen an. Online-Anbieter von Bio-Weinen aus Italien sind beispielsweise suedhang.de, probiowein.de und vinoverde.de – zumindest spricht probiowein.de vom bio-dynamischen Weinbau auf dem Weingut von Elisabetta Foradori, „im Herzen des Noce Tals in Mezzolombardo, Trentino“. Vinoverde offeriert seinen „Chardonnay Trentino DOC 2012 La Vis“ im 6er Karton, lässt bei den Produktdetails jedoch offen, ob der Trentino-Wein Bio ist oder nicht.
Oder man wartet bis LIDL wieder „italienische Wochen“ anbietet (zuletzt 2013) und kauft einen „Grumello 2009“ für 9,99 €. Dann hat man zwar keinen Wein eines Spitzenerzeugers im Glas aber dennoch eine gute Anschauung, wie ein Wein aus dem Veltlin-Tal schmecken kann. Ich hoffe, für den Trentino-Wein und seine anderen, hier vorgestellten Artgenossen eine Lanze gebrochen zu haben.
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