Gelegen in den Dentellen des Montmirail – in Sichtweite des östlich gelegenen Mont Ventoux oder zehn Kilometer nördlich von Orange – liegt das Dörfchen Vacqueyras mit seinen zwei Berühmtheiten: dem Troubadour Raimbaut, der im 13. Jahrhundert die ersten höfischen Dichtungen vertonte und sang – und dem Wein. Diesen Wein gab es auch bereits zu Zeiten des Minnesängers. Die Berühmtheit ist freilich eine Sache für Kenner und Eingeweihte.
In der neueren Geschichte war es – nach dem Aufstieg von Gigondas 1971 – eine Sensation und ein unerhörtes Ereignis, als die damalige Village-Gemeinde Vacqueyras 1990 den „Grand Cru“-Status erhielt. Man hatte schon etwas munkeln gehört, aber nur wenige Fachleute wussten genau warum die Leute von Vacqueyras so ein Gewese um ihre Weinstöcke hatten, einen ungeheuren Fleiß an den Tag legten, und plötzlich ihre Rebzeilen mit Rosenstöcken zierten. Die Geschichte sorgte für Auftrieb und weitere Qualitätsanstrengungen, denn das Beispiel von Vacqueyras hatte gezeigt, dass es möglich war, die knallharte Weinbürokratie in Paris zu bewegen. Der Bedeutung des Vorgangs angemessen tragen die Winzer von Vacqueyras den Ereignis seit damals Rechnung, in dem sie das lokale Weinfest auf den 14. Juli – den französischen Nationalfeiertag – verlegten.
Und tatsächlich: in dem 1085 Einwohner zählenden Dörfchen, in dem rund 1200 ha unter Reben stehen, wachsen exzellente Weiß-, Rosé- und Rotweine heran. 175 Winzer sind in Vacqueyras registriert und man kann davon ausgehen, dass jede und jeder der Arbeit zu leisten im Stande ist, im Weinbau beschäftigt ist, außer dem lebensnotwendigen Funktionen des Bäckers, des Friseurs, des Postboten, der Kauffrau in der Superette, der Blumenfrau und des Gastwirts, denn praktisch jeden Abend ist Winzerstammtisch. Die noblen Hotels und Restaurants – „Les Florets“ und „Hotel Montmirail“ – am Rande der Rebenäcker, sind allesamt Gründungen von Ortsfremden.
Der Rotwein aus Vacqueyras: dem Chateauneuf-du-Pape nicht unähnlich
Die Rebsortenpalette ist ganz ähnlich der von Chateauneuf-du-Pape, mit dem Unterschied, dass bei den weißen Sorten auch Marsanne, Rousanne und Viognier zugelassen sind. Wiewohl die Weinmacher von Vacqueyras ungeheuer stolz sind auf ihre herrlichen, ausgezeichneten, milden, warmen und fülligen Weine von barocker Festlichkeit, ist noch heute eine Kellerbesichtigung – wenn der Winzer etwas Zeit und nicht eben auf den Feldern ist – völlig unkompliziert und ohne bürokratische Hindernisse möglich; im Unterschied zu den fast unnahbaren Betriebsinhabern in Bordeaux oder Burgund. Es ist gut, einen deutschen und damit neutralen Zeugen für die „Weinverhältnisse“ zwischen Gigondas-Vacqueyras und Burgungd zu haben; wie Joachim Schwochert, der Autor von WEIN (Verlag Naumann & Göbel) schreibt: „Die Zeiten jedoch, in denen Gigondas (und Vacqueyras, d.V.) preiswert in den Pariser Bistros ausgeschenkt wurde, sind längst vorbei. .. bietet aber immer noch mehr Genuss als ein um 30 % teuerer Burgunder.“
Ein respektables Kapitel über den Wein von Vacqueyras schreibt Hugh Johnson: „Herzhafte, pfeffrige Weine auf Grenache-Basis; Nachbar von Gigondas mit wärmerem Klima in den Weinbergen und früher reifenden Trauben, sodass die Weine gut zu Wild und anderen Gerichten mit ausgeprägter Aromatik passen.“ Dass Johnson nur zwei Sterne verleiht, hat mehr mit dem mangelnden Bekanntheitsgrad zu tun; die Weine sind allemal überdurchschnittlich, wie auch er anerkennt.
Chateau des Roques 2012“ von Pierre Seroul bei Jacques Weindepot
Erfreulich ist, dass immerhin die Leute vom „Jacques Weindepot“ für eine bessere Bekanntheit sorgen. Der „Chateau des Roques 2012“ von Winzer Pierre Seroul zählt nicht unbedingt zu den bekannten lokalen Erzeugern, und sein „AOC Vacqueyras“ mit seinen 13,5 Volumenprozent gehört tatsächlich, wie Jacques zugibt, zu den mittelkräftigen Rotweinen; allerdings ist sein Bouquet von Himbeeren, Brombeeren und Schwarzen Johannisbeeren typisch für den Ort; und auch der von Johnson genannte pfeffrige Ton, den Jacques um Lakritzaromen erweitert, ist gegeben.
Jacques Weindepot verkauft den Vacqueyras aktuell für 14,50 € und nähert sich damit ebenfalls dem Preisniveau von Chateuneuf du Pape. Vor Ort sind die Weine aus Vacqueyras preisgünstiger zu haben, während im Internethandel sich die Preisschere von 12 bis 20 € weit öffnet.
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