Er gehört zu Weihnachten wie das „alle Jahre wieder“: kein Weihnachtsmarkt, keine Weihnachtsfeier ohne einen bunten Becher voller Glühwein. Dass es preisliche und geschmackliche Unterschiede gibt, ist ebenfalls Teil der winterlichen Tradition. Die vor vier Jahren auf dem Trierer Weihnachtsmarkt eingeführte deutsche Weinkönigin und offensivere Vermarktungsstrategien von Seiten der Winzer wollen verdeutlichen: Glühwein ist nicht gleich Glühwein. Doch muss es immer ein Winzer-Produkt sein? Wein-Experte Prof. Dr. Rainer Jung vom Institut für Önologie der Hochschule Geisenheim erklärt, was wirklich hinter einem guten Glühwein steckt.
Glühwein
Per Gesetz ist ganz klar geregelt, was einen Glühwein ausmacht. Demnach ist der beliebte Weihnachtstrunk ein „aromatisiertes weinhaltiges Getränk“, das nicht unter das Weingesetz sondern unter das Lebensmittelrecht fällt. Laut Vorgabe muss der Glühwein aus Rotwein oder Weißwein hergestellt werden, der gesüßt und gewürzt wird. „Es dürfen weder Alkohol noch Wasser oder Farbstoffe zugesetzt werden. Der vorgeschriebene Alkoholgehalt liegt bei mindestens 7 Prozent, maximal 14,5 Prozent“, berichtet Prof. Jung.
Alles eine Frage der Gerbstoffe
Für den „klassischen“ Glühwein wird Rotwein verwendet. Bei diesem kommt es vor allem darauf an, dass er nicht zu viele Gerbstoffe und keine Sulfite enthält. „Die Gerbstoffe machen den Wein schwerer und eventuell bitter“, sagt Prof. Jung. Das verursacht eine störende Empfindung im Mund. Der Experte ergänzt: „Der Ausgleich kann dann nur über noch mehr Zucker erfolgen, was dem Produkt nicht unbedingt zu Gute kommt.“ Auch Wein, der im Holzfass reift, eignet sich aus diesem Grund weniger für die Herstellung von Glühwein.
Von den deutschen Weinen ist beispielsweise der Dornfelder eine gute Wahl. „Zum einen ist er farbstark, zum anderen besitzt er meist nicht zu viele Gerbstoffe“, begründet der Professor aus Geisenheim die Empfehlung. Von den ausländischen Weinen kommt unter anderem der spanische Tempranillo in Frage, den die Abfüller von Glühwein gern verwenden.
Nicht zu hochprozentig
Für die Wahl des Weines ist es außerdem wichtig, auf den Alkoholgehalt zu achten. Der sollte nicht zu hoch und nicht zu niedrig ausfallen. Prof. Jung dazu: „Ein leichterer Rotwein mit 11 Prozent ist eine gute Wahl. Es gibt zwar auch Rotweine mit 13 oder 14 Prozent, die leichteren weisen jedoch meist auch weniger Tannine auf.“ Da Alkohol als Geschmacksträger dient, sollte es allerdings auch nicht zu wenig davon sein.
Gute Würzmischungen sind gefragt
Bezüglich der Aromen ist klar, dass bei einer professionellen Herstellung keine einzelnen Glühweinbeutel oder abgezählte Nelken zugefügt werden können. Für diesen Prozess hält man sich an Aroma-Mischungen, die bei Zulieferern eingekauft werden. „Diese Mischungen machen etwa 0,1 bis 0,5 Prozent des fertigen Produktes aus“, weiß Rainer Jung. Dabei bestimmt die Qualität und richtige Zusatzmenge von diesem Aroma-Mix den Geschmack des Glühweins. Bei manchen Mischungen kommt beispielsweise das Nelken-Aroma stärker heraus, andere sind weniger intensiv und gut abgestimmt.
Ganz klar: zuckersüß
Laut des Wein-Experten ist ein weiterer Parameter für den Geschmack des Glühweins der Zuckergehalt. Deutsche Glühweine enthalten in der Regel etwa 60 bis 70 Gramm Zucker pro Liter. In anderen Ländern wie England darf es sogar deutlich mehr sein, nämlich 100 Gramm pro Liter. Generell verstärkt der Zucker das aromatische Empfinden. Umso mehr Zucker zugefügt wird, umso weniger Aroma-Mischung ist meist nötig. Wie süß es werden darf, bestimmt der testende Gaumen. Das Süßeempfinden variiert, meist je nach Essverhalten des Einzelnen. Wer sich sehr süß ernährt, hat eine andere Geschmacksschwelle und reagiert positiv auf stark gezuckerten Glühwein, den ein anderer Konsument ablehnt.
Heiß, aber nicht zu heiß
„Der abgefüllte Glühwein aus der Flasche sollte langsam auf circa 60 Grad erhitzt werden“, sagt Rainer Jung. „Bei 80 Grad verdampft der Alkohol, wodurch der Wein einen wichtigen Geschmacksträger verliert.“ So kann es auch auf dem Weihnachtsmarkt passieren, dass der ständig köchelnde Glühwein Alkohol und Aroma verliert. Nach der Abkühlung verdirbt der Glühwein schnell. Am nächsten Tag ist es daher besser, ihn nicht mehr aufzuwärmen.
Qualität kostet
Es ist gar nicht unbedingt nötig, nur zu Winzer-Glühwein zu greifen, wenn man nach Qualität sucht. Auch die Hersteller von Fertigprodukten wollen meist das bestmögliche Ergebnis erzielen und setzen sich daher eingehend mit der Zubereitung auseinander. Die Faustregel gilt für Winzer wie den Handel gleichermaßen: Der Grundwein muss gut sein. Für den Verbraucher heißt es daher, lieber nach dem Preis gehen. Bei allzu günstigen Weinen ist die Chance hoch, dass nur ein „Abfallprodukt“ verwendet wurde.
Bildnachweis: ©Shutterstock – Titelbild: Africa Studio
2 Kommentare
Genau das richtige Stichwort! Guter Glühwein kostet auch etwas. Schade, dass manche nur auf den Preis schauen. Mittlerweile kann man von vielen Winzern oder Winzergenossenschaften auch guten Glühwein online bestellen. Leider muss man aber auf vielen W-Märkten für „Winzerglühwein“ tief in die Tasche greifen. Leipzig oder Dresden – da kostet ein Glühwein gleich mal 4 €. Da trinkt man lieber Punsch und macht sich zu Hause einen guten Glühwein lieber selbst. In diesem Sinne zum Wohl.
Hallo
Ja übel auf den Weihnachtsmärkten bekommste meist übelen Wein angedreht. Billig Hauptsache viel Provit. Süss ohne Ende, der Kopfschmerz ist vorprogrammiert. Wenn man gute Weine verwendet, gute Zutaten dazu dann wird auch was leckres draus.
LG